Mit Impact Investing direkte Wirkung erzielen
Am anderen Ende des Nachhaltigkeitsspektrums liegt Impact Investment. Die Bundesinitiative Impact Investing beschreibt dies als einen Investmentansatz, bei dem „positive soziale oder ökologische Wirkung direkt, intendiert und nachweisbar“ ist. Direktheit, Intention und Nachweisbarkeit verschmelzen so zu einem Investmentansatz, mit dem aktiv und lösungsorientiert positive ökologische Wirkung erzielt werden soll.
Impact geht also in mehrerlei Hinsicht deutlich über Ausschlusskriterien hinaus: Erstens wird ein direkter Bezug zur Realwirtschaft hergestellt. Klimawandel beispielsweise wird verursacht durch CO2 und andere Treibhausgase in der Atmosphäre. Um dieses physische Problem in der „realen“ Welt anzugehen, muss die Lösung auch in der „realen“ Welt verhaftet sein, beispielsweise durch konkrete Projekte zur Erzeugung erneuerbarer Energien wie Wind- oder Solarparks, die durch CO2-Vermeidung einen aktiven Beitrag zur Abschwächung des Klimawandels leisten. Gerade Sachwerte im Bereich erneuerbare Energien bieten sich als Medium für Impact Investments an, weil sie eine unmittelbare Wirkung in der „realen“ Welt erzielen können.
Zweitens fließt das Kapital des Anlegers auch in konkrete Projekt. Es ist nämlich nicht unerheblich, ob und wie Kapitalflüsse letztlich in realwirtschaftlichen Aktivitäten münden oder ob sie im Orbit der Finanzwirtschaft verbleiben. Das Motto „Follow the money“ wird somit ergänzt durch „Follow the impact“. Dabei ist die Unterscheidung zwischen Primär- und Sekundärmarkt wichtig: Fließt das Kapital des Anlegers beispielsweise an den Vorbesitzer der Anteile, wie beim Kauf von Anteilen an nachhaltigen ETFs an der Börse, oder wird es für Neuinvestitionen wirkungsorientiert so eingesetzt, dass damit konkrete soziale oder ökologische Projekte umgesetzt werden?
Drittens geht es um eine konkrete Zielsetzung. Impact Investments wollen eine positive Wirkung auf beispielsweise gesellschaftlicher oder ökologischer Ebene erzielen. Bezüglich letzterer hat die EU im Rahmen des europäischen Green Deals konkrete Ziele formuliert. Hierzu gehören Klimaschutz, Übergang zu einer Kreislaufwirtschaft oder Wiederherstellung der Biodiversität und der Ökosysteme. Wirkungsorientiertes Investieren kann hier ansetzen und konkrete Leistungen und Outcomes definieren, wie beispielsweise eine bestimmte Menge an Ökostrom, die konkret auf diese Umweltziele hinwirken. Dabei gilt bei Impact Investments das sogenannte „Do no significant harm“- Prinzip: Bei der Erreichung eines Ziels, beispielsweise Klimaschutz, darf ein anderes Ziel, beispielsweise Biodiversität, nicht signifikant beeinträchtigt werden.
Viertens geht es um die Darstellung der Wirkung gegenüber dem Anleger. Impact Investment verbindet finanzielle Rendite mit ökologischer oder sozialer Nachhaltigkeit. Dazu gehört auch, dem Anleger gegenüber transparent zu machen, ob und wie diese Wirkung erzielt wird. Hierzu kann beispielsweise Reporting zur CO2-Vermeidung gehören oder zur Menge an produziertem Ökostrom.
Impact Investment kann eine Hebelwirkung bei der Lösung gesellschaftlicher Herausforderungen erzeugen
Im Zusammenspiel eröffnen diese vier Dimensionen des Impact Investments ein neues Zeitalter des Investierens. Was ist damit gemeint? Betrachten wir die Finanzgeschichte der letzten Jahrhunderte. In vereinfachten und groben Zügen zeichnen sich drei Phasen ab. Im „Investment 1.0“ des 19. Jahrhunderts waren Investoren eher eindimensional auf absoluten Gewinn fokussiert. Im „Investment 2.0“ des 20. Jahrhunderts gewann Risikobetrachtung an Bedeutung – wann wird Gewinn erwirtschaftet (Zeitwert des Geldes, um 1900)? Wie liquide und fungibel sind Investitionen? Wie viel Volatilität ist mit Investitionen verknüpft (Sharpe Ratio, 1966)? Beide Zeitalter haben gemeinsam, Investieren vor allem unter „quantitativen“ Gesichtspunkten zu betrachten. Impact Investment eröffnet somit ein Zeitalter des Investierens, in dem „qualitative“ Gesichtspunkte in Investmententscheidungen einbezogen werden – die Qualität unserer Luft, die Qualität unserer Städte, die Qualität unserer Ökosysteme.
Damit kann Impact Investment eine signifikante Hebelwirkung bei der Lösung gesellschaftlicher und ökologischer Herausforderungen erzeugen, wie am Beispiel Klimawandel und Energiewende deutlich wird. So sieht der europäische Green Deal laut EU-Kommission einen zusätzlichen Finanzierungsbedarf von 260 Mrd. Euro pro Jahr, um Europa auf den Pfad der Klimaneutralität zu bringen. Gleichzeitig gibt es alleine in Deutschland über 2 600 Mrd. Euro an Spareinlagen, und dies in einem Umfeld, in dem Privatanleger sich vermehrt finanzielle Rendite und ökologische Wirkung wünschen, um Kapital nachhaltig anzulegen, möglichst in Form eines aktiven und messbaren Beitrags. Schlägt Impact Investment diese Brücke, kann es entscheidenden Einfluss darauf haben, wie „die Welt von morgen aussieht“, in der Wind- und Wasserkraft wieder auf dem Weg sind, die treibenden Energiequellen zu werden. Maria Ebner-Eschenbach würde sich wohl in ihr wie zu Hause fühlen.